Warum Tierliebe alleine nicht reicht

Isabel Rosenberger ist 26 Jahre alt, hat sich nach ihrer Schulzeit zunächst für eine Malerlehre entschieden und danach drei Jahre auf dem Bau gearbeitet. Ihre zweite Ausbildung zur Tiermedizinischen Praxisassistentin (TPA) hat sie im Juli 2022 erfolgreich abgeschlossen.

Frau Rosenberger, 2019 haben Sie sich für eine Lehre als TPA entschieden. Sie haben da bereits seit drei Jahren als ausgebildete Malerin gearbeitet und nicht schlecht verdient. Warum noch einmal eine Ausbildung, inklusive Lehrlingslohn und Berufsschule?

Als Malerin haben mir die Kommunikation mit anderen Menschen und ein abwechslungsreicher, lebendiger Berufsalltag gefehlt. Beides habe ich jetzt – wenn auch manchmal im Übermass (lacht). Und Tiere waren schon immer wichtig für mich – seit sieben Jahren bereichert meine Freibergerstute Lily mein Leben und auch zwei Katzen gehören zur Familie. Mein «Hobby» zum Beruf zu machen, habe ich mich aber erst 2019 getraut.

Wenn Sie auf die drei Jahre Ausbildung zur TPA zurückblicken – was waren die grössten Herausforderungen, was die grössten Highlights?

Die grösste Herausforderung für mich war sicher, nach drei Jahren Berufstätigkeit wieder die Schulbank drücken zu müssen. Daran musste ich mich zuerst gewöhnen, auch an den Druck, ständig lernen oder noch Hausaufgaben machen zu müssen. Ein Tag in der Schule war für mich immer viel anstrengender als ein Tag in der Tierarzt-Praxis. Die vielen Lehrerwechsel waren für meine Klasse nicht einfach, hier hätte ich mir mehr Konstanz gewünscht. Trotzdem oder vielleicht gerade deshalb: Ich habe sehr viel gelernt, kann mein Fachwissen im Arbeitsalltag immer wieder anwenden und die Zeit im Schulzimmer hat mich auch persönlich reifen lassen. Beim Stichwort Highlight denke ich spontan an die Kaiserschnittgeburt einer Rhodesian-Ridgeback-Hündin, die ich gleich zu Beginn meiner Lehre miterleben durfte. Mutter und Welpen nach der Operation erschöpft, aber allesamt gesund und munter in der Wurfkiste zu sehen, war sehr berührend und wunderschön.

TPA-Lehrstellen sind heiss begehrt, oft sind es 30 oder mehr eingehende Bewerbungen für einen Arbeitsplatz. Was muss man Ihrer Erfahrung nach für die Ausbildung und später für den Berufsalltag mitbringen?

Das Wichtigste zuerst: «Ich liebe Tiere!» alleine genügt nicht. Als TPA hat man vor allem mit den Tierbesitzern, sprich mit Menschen zu tun. Auf sie muss man eingehen, ihnen bei Sorgen auch zuhören können. Ein vielfältiger, in vielen Teilen unplanbarer und zuweilen auch hektischer Arbeitsalltag sollte einem liegen, Routine gibt es nur sehr begrenzt. Wer einen «Nine-to-five-Job» sucht, wird als TPA ganz sicher nicht glücklich, die Arbeitstage dauern oft länger, weil beispielsweise noch ein Notfall in die Praxis kommt. Und nicht zu vergessen – putzen gehört zu den wichtigen Standardaufgaben in einer Tierarztpraxis.

Ihr Fähigkeitszeugnis haben Sie nun in der Tasche – wie sehen die Pläne für die Zukunft aus?

Im September geht es für eine längere Reise in die USA, ich freue mich schon sehr! Danach werde ich als nun ausgebildete TPA in meinem Lehrbetrieb arbeiten. Der Arbeitsalltag hier erfüllt mich, ich werde dem Beruf sicher treu bleiben. Und dies, obwohl ich als Malerin auf dem Bau rund CHF 1000.- mehr pro Monat verdienen würde (lacht). Mittelfristig werde ich sicher noch eine Weiterbildung in Angriff nehmen, in welche Richtung – Labor, Zahnmedizin oder Anästhesie – es dabei gehen wird, ist noch völlig offen.

Liebe Frau Rosenberg, vielen Dank für das Gespräch!

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